Magnetische / Elektrische Wasserenthärtung

Kalk - das Gespenst in der Wasserleitung

Stephan Matthiesen, Ralph Puchta

Mit einem einfachen Versuch nahm die GWUP-Arbeitsgruppe Mittelfranken ein auf Magnetfeldern basierendes Wasserenthärtungsgerät unter die Lupe. Das magnetisch behandelte Wasser und der daraus abgeschiedene Kalk wurden mit verschiedenen Analysemethoden untersucht und mit einer Referenzprobe, die auf gleichem Weg aber ohne magnetische Behandlung gewonnen wurde, verglichen. Dabei konnten keine Unterschiede festgestellt werden.

Nach einem geruhsamen Fernsehabend mit der üblichen unfreiwilligen Portion Reklame muß es jedem Zuschauer klar sein: Wasserleitungen und Armaturen, Waschmaschinen und Kaffeemaschinen sind fest im Würgegriff des Kalkes. Aber dieser Belagerungszustand muß nicht sein: Es gibt ja praktische Helferchen, die unsere Waschmaschinen länger leben lassen. Die meisten tun das auf chemischen Wege, aber seit einiger Zeit sind Geräte auf dem Markt, die physikalisch genauer gesagt magnetisch oder elektromagnetisch den Würgegriff des Kalkes aushebeln und ohne Zusätze bzw. Abfallstoffe das Verkalken der Leitungen und Geräte verhindern sollen.

Was jedoch offen bleibt, ist die Frage: Wie wirken sie? Die Angaben der Hersteller sind mannigfaltig, und oft widersprechen sie sich komplett. Noch viel wichtiger ist jedoch: Wirken solche Wasserenthärtungsgeräte überhaupt? Es gibt zwar ein Prüfverfahren für derartige Geräte, doch es ist sehr aufwendig [4]. In der Regionalgruppe Mittelfranken wollten wir mit einfacheren Mitteln ein solches Gerät untersuchen.

Versuchsaufbau

Zur Untersuchung konnten wir Wasser aus zwei direkt benachbarten Häusern desselben Bauträgers und Baujahres (1961) in Nürnberg entnehmen, von denen eines (Haus Nr. 47) seit ca. 10 Jahren mit einer Wasserbehandlungseinheit der Firma Hydromag/Rehau [5] ausgerüstet ist, während das andere Haus (Nr. 45) ohne eine solche Einrichtung belassen wurde. Nach Angaben des Herstellers soll dieses Gerät Kalkablagerungen, Schwimmschlamm und Verfärbungen, wie sie in Verbindung mit hartem Wasser auftreten, verhindern" und sogar µbereits bestehende Ablagerungen wieder entfernen" [2]. Tatsächlich gibt es in dem Haus Nr. 47 keine Probleme mit zugesetzten Wasserleitungen im Nachbarhaus allerdings auch nicht.

Leider ist es sehr aufwendig, in einem Experiment eine mengenmäßige Veränderung der Kalkabscheidung direkt zu bestimmen, da sie nicht nur von den Eigenschaften des Wassers, sondern auch von vielen anderen, schwer kontrollierbaren Parametern (etwa den Oberflächeneigenschaften der verwendeten Gefäße) in erheblichem Maße abhängt [4]. Für unseren Versuch schien uns daher eine direkte Messung der Menge des abgeschiedenen Kalkes nicht sinnvoll.

Statt dessen gingen wir der Frage nach, ob sich die Eigenschaften des Wassers oder des sich abscheidenden Kalkes in erkennbarer Weise ändern. Die Angaben des Herstellers waren dabei allerdings keine große Hilfe: Zwar enthält das technische Beiblatt einen Abschnitt über die µHydromag-Funktionsweise", in dem von Feldern, elektrischen Ladungen, von Schwingungen und Wasserkäfigen die Rede ist. Überwiegend beschränkt sich die Darstellung jedoch auf einfachste, schon aus dem Schulunterricht bekannte Sachverhalte (etwa die Lorentz-Kraft), ohne daß klar wird, was diese mit der Kalkabscheidung zu tun haben. Die eigentliche "Erklärung"

 

Ws. Nr.45 = Wasser ohne elektromagnetische Behandlung
Ws. Nr.47 = Wasser mit elektromagnetischer Behandlung
s = Meßgenauigkeit der verwendeten Methode
Ws. Nr.45 Ws. Nr.47 s
vor dem Kochen:
pH-Wert 7,5 7,5 +/- 0,05
Leitfähigkeit (1/R) [mS] 470 470 +/- 10
temporäre Härte [°dH] 15,5 15,0 +/- 0,5
temporäre Härte [mmol/l] 2,7 2,6
nach dem Kochen:
pH-Wert 8,6 8,4 +/- 0,05
Leitfähigkeit (1/R) [mS] 390 400 +/- 10
permanente Härte [°dH] 10,5 11,0 +/-0,5
permanente Härte [mmol/l] 1,9 2,0
 
Weiterhin wurde für die untersuchten Wasserproben gefunden:
Konzentration [mmol/l]
(NO3)- 0,16 +/- 0,8
(Zn)2+ / (Cu)2+ unterhalb der Erfassungsgrenze
(Fe)2+/3+ etwa 1,8*10^-3

Tab. 1: Untersuchung des Wassers vor und nach dem Kochen

bleibt diffus: Es seien "umfangreiche physikalische und mathematische (sic!) Vorgänge dafür verantwortlich, wie sich eine Magnetbehandlung auf Flüssigkeiten auswirkt". Nicht einmal der innere Aufbau des Gerätes wird beschrieben. Einige Passagen enthalten gar höchst zweifelhafte Bemerkungen, etwa die Behauptung, die Ablagerungen seien µim allgemeinen positiv geladen" (tatsächlich ist der abgeschiedene Kalk elektrisch neutral), so daß der Eindruck entsteht, daß zumindest der Autor des Beiblattes keine rechte Vorstellung davon hatte, was in der Leitung eigentlich vor sich geht.

Da die Herstellerangaben sehr wenig konkret sind, entschlossen wir uns, Untersuchungen anzuwenden, mit denen möglichst viele eventuelle Veränderungen des Wassers oder des Kalkes nachweisbar wären. Dazu entnahmen wir jeweils eine ausreichende Probe kalten Wassers aus dem mit dem Hydromag ausgestatteten Haus (Nr. 47) und dem Nachbarhaus (Nr. 45), wobei wir vor der Probenentnahme jeweils den Wasserhahn längere Zeit laufen ließen, um Einflüsse der hausinternen Leitungssysteme, die zwar gleich gebaut waren, aber möglicherweise durch unterschiedliche Nutzung geringfügige Unterschiede aufwiesen, gering zu halten.

Den Kalk für die weitergehenden Untersuchungen gewannen wir unmittelbar nach der Probenentnahme (der Effekt des Magnetfeldes soll laut Hersteller 24 Stunden anhalten) unter Bedingungen, die denen in Wasserboilern ähneln. Wir kochten jeweils in neuen ungebrauchten Jenaerglaskolben 3 l Wasser, bis die Menge etwa auf 1,5 l eingeengt war. Das verkochte Wasser wurde über eine Destillationsbrücke abgeführt. Während des Verkochens des Wassers fiel erwartungsgemäß ein weißer Niederschlag aus. Er wurde nach dem Erkalten des Ansatzes über einen Filter abgenutscht, mit Aceton nachgespült und dann im Luftstrom bei Raumtemperatur getrocknet. Die so gewonnenen Proben wurden bis zur Untersuchung bei Raumtemperatur aufbewahrt.

Es sei noch angemerkt, daß sich beim Kochen an den Wänden der Glaskolben Kalkabscheidungen festsetzten, und zwar augenscheinlich etwas mehr an dem Kolben, in dem das behandelte Wasser gekocht wurde. Dies zeigt, daß unvermeidliche Unterschiede in der Behandlung der Proben offenbar einen größeren Effekt als die vorangegangene Magnetfeldbehandlung des Wassers hatten, so daß die vollmundigen Behauptungen der Hersteller, der Hydromag verhindere neue und entferne sogar schon vorhandene Kalkabscheidungen, zumindest zweifelhaft erscheinen.

Untersuchungsergebnisse

Der wie auch immer geartete Mechanismus, der das Verkalken verhindern soll, kann nur an zwei Stellen in das Gleichgewicht (siehe Kasten auf S. 45) eingreifen: am Wasser und an den gelösten Ionen (Kalzium-, Magnesium-, Carbonat-, Hydrogencarbonat- und sonstigen Ionen). Deshalb wurden das Wasser und der abgeschiedene Kalk untersucht.

Von anderen Herstellerfirmen von Wasserenthärtungsgeräten, die auf Magnetismus beruhen, wird behauptet, daß das Wasser aktiviert werde. Da weder aus chemischer noch aus physikalischer Sicht eindeutig verständlich ist, was sich hinter der wohlklingenden Phrase µaktiviert" verbirgt, wurde das Wasser von uns auf pH-Wert, Leitfähigkeit und Härte getestet.

Wie aus Tabelle 1 leicht zu erkennen ist, ist im Rahmen des Meßgenauigkeit kein Unterschied gegeben.

Von dem ausgefallenen Pulver ließen wir eine Reihe von Rasterelektronenmikroskop-Aufnahmen anfertigen. Das Pulver besteht überwiegend aus nadeligen Kristallaggregaten von etwa 100 Mikrometer, sowie wenigen plättchenförmigen Kristallen. Die beiden Proben zeigen weder in der Form noch in der Größe der Kristalle und Kristallaggregate einen erkennbaren Unterschied (Abb. 1), obwohl man hätte erwarten dürfen, daß die im behandelten Wasser entstandenen Körner wesentlich kleiner sind, wenn das Gerät tatsächlich die Kalkabscheidung reduziert.

Die häufigste Begründung für die Wirkung magnetischer Wasserenthärter verweist auf die Möglichkeit, daß die Modifikation des abgeschiedenen Kalkes in irgendeiner Form verändert wird und die Kristalle kleiner ausfallen (siehe auch Kasten auf S. 45). Zur Untersuchung und Aufklärung der Struktur von Kristallen oder kristallinen Stoffen eignet sich besonders die Röntgendiffraktometrie. Eine Röntgenaufnahme ist so spezifisch für eine Probe wie für den Menschen der Fingerabdruck [3]. Da der Kalkniederschlag polykristallin ist, wurde als geeignete Röntgen-Untersuchungsmethode die Guinier-Methode gewählt. Die Guinier-Aufnahmen der Proben Nr. 45 und

 

kalk02_klein kalk03_klein
Abb. 1: Rasterelektronenmikroskop-Aufnahmen der während des Kochens der beiden Proben ausgefallenen Pulver (links Nr. 45, rechts Nr. 4

 

Nr. 47 zeigten keine signifikanten Unterschiede, die Gitterstruktur und die Gitterkonstanten der Kristalle sowie die Kristallitgröße (gegeben durch die Linienbreite) stimmen also im Rahmen der Messgenauigkeit überein. Meist wird angenommen, daß sich das Verhältnis der beiden Modifikationen Aragonit und Calcit unterscheidet. Wir ließen daher Infrarotspektren (mittels FT-IR) beider Proben anfertigen (Abb. 2).

Abb. 2: Infrarot-Spektren der beiden Wasserproben

kalk05

Jede Kristallstruktur weist typische Infrarot-Absorptionslinien auf, deren Stärke ein Maß für die jeweilige Konzentration ist, so daß man anhand der Infrarotspektren auf quantitative Unterschiede schließen kann [1]. In den gemessenen Spektren überwiegt, erwartungsgemäß durch die Entstehung (Ausfällung bei hohen Temperaturen) bedingt, in beiden Fällen deutlich Aragonit. Sowohl die visuelle als auch die rechnerische Auswertung der Spektren ergibt keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Proben (siehe Tabelle 2).

Da die mechanische Härte von Kalkablagerungen vor allem von dem Gehalt anderer Ionen wie Eisen, Silizium usw. abhängt, wollten wir auch noch prüfen, ob sich die ausgefällten Kristalle in ihrer chemischen Zusammensetzung unterschieden. Dazu ließen wir von einzelnen Kristallen Röntgenfluoreszenzanalysen durchführen, mit denen sich der Gehalt verschiedener Elemente messen läßt. Es zeigten sich jedoch weder bei den Nadeln, die aus Calciumkarbonat bestehen, noch bei den Magnesiumkarbonatplättchen deutliche Unterschiede im Gehalt anderer Elemente. Dieses Ergebnis stimmt mit dem der oben beschriebenen Guinier-Aufnahme überein, da eine Einlagerung anderer Atome normalerweise die Gitterstruktur verändert.

Schlußfolgerung

Im Rahmen unserer Meßgenauigkeit konnten wir somit keine Unterschiede zwischen dem magnetisch behandelten Wasser und der unbehandelten Vergleichsprobe feststellen. Die abgeschiedenen Kalkkristalle unterscheiden sich weder in Größe und Form noch in ihrer Struktur und Zusammensetzung. Dieses Ergebnis stimmt mit anderen Untersuchungen (siehe die Literatur zu [1]) überein, die ebenfallskeinen Einfluß von Magnetfeldbehandlungen finden konnten.

 


Wellenzahl Verhältnis

(cm)-1 (Nr.47) / (Nr.45)
Calcit 2523 0,92

2499 0,94
Aragonit 1488 0,93

851 0,89

Tab. 2: Verhältnis der Konzentration von Aragonit und Calcit in den beiden Proben, errechnet aus charakteristischen Absorptionslinien.

Ob die Behandlung mit Magnetfeldern nicht doch einen sehr kleinen Effekt hat, läßt sich natürlich durch diesen Versuch nicht mit Sicherheit ausschließen. Um praktisch nutzbar zu sein, müßte der Effekt aber so groß sein, daß er auch in unseren Untersuchungen hätte sichtbar werden müssen. Die Behauptung, daß durch die Behandlung mit dem Magnetfeld die entstehende Kristallmodifikation oder Kristallgröße deutlich beeinflußt wird, scheint nicht sehr glaubwürdig zu sein. Ihr Wahrheitsgehalt stand von Anfang an auf tönernen Füßen, da sich die verschiedenen Anbieterfirmen selbst widersprechen, welche Modifikation denn die µgute" und unproblematische sei Calcit oder Aragonit.

Danksagung

Wir bedanken uns bei Familie Karlson (Nürnberg) für die freundliche Bereitstellung des Wassers, bei Herrn Prof. Brodersen, Herrn Dr. Liehr und Frau Kammerer vom Institut für Anorganische und Analytische Chemie I der Universität Erlangen-Nürnberg für die Erstellung der Guinier-Aufnahme, bei Herrn Dr. Renner vom Institut für Werkstoffwissenschaften I der Universität Erlangen-Nürnberg für die Erstellung der Rasterelektronenmikroskopie-Aufnahmen und die röntgenfluoreszenzanalytischen Untersuchungen, bei Herrn Prof. Breitinger und Frau Kammerer vom Institut für Anorganische und Analytische Chemie I der Universität Erlangen-Nürnberg für die Messung des Festkörperinfrarotspektrums, bei Herrn C. Dosche für die Bestimmung von pH-Wert, Härte und Leitfähigkeit sowie bei Herrn Prof. Breitinger (Erlangen), Herrn Dr. Ettlinger (Aschaffenburg), Herrn Prof. Hummel (Iphofen) und Herrn Nigge (Erlangen) für wertvolle Diskussionen und Anregungen.

Literatur

  • Andersen, F.A., Brecevic, L.: Infrared Spectra of Amorphous and Crystalline Calcium Carbonat. Acta Chemica Scandinavica 45, 1018, 1991
  • Beilage zum Hydromag
  • Otto, M.: Analytische Chemie. VCH, Weinheim 1995
  • Richter, H.: Physikalische Wasserbehandlung. Skeptiker 10 (2), 44, 1997
  • Technische Details laut Aufdruck auf Hydromag: Hydromag DN 32/40, Anschluß ans Netz: 2 Zoll, Leistung: 5,3 m3/h bzw. 88 l/min, Durchmesser des Geräts: ca. 240 mm, Länge des Geräts: ca. 95 mm, Stromverbrauch: 220-230 V, 0,22 A

Dieser Artikel erschien im "Skeptiker", Ausgabe 2/1997.

Quelle: http://www.gwup.org/zeitschrift/skeptiker-archiv/721-kalk-dasgespenst-in-derwasserleitung

 

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